SMM 2024
Wollishofen 2 : 1. Liga / Ost
Mannschaftsleiter: Thomas Held
Aufstiegsspiel 1. Liga/NLB, 19. Oktober 2024
Wollishofen 2 - Réti 3 2.5:5.5
Thomas Held berichtet über den Spielverlauf
Der Groundhog Day für Wollishofen II scheint nicht der zweite Februar, sondern der dritte Oktobersamstag zu sein. Wieder hatte man sich souverän als Gruppensieger für das Aufstiegsspiel in die NLB qualifiziert – wieder stand man am Schluss mit leeren Händen da und musste das Siegerfoto für den Gegner schiessen. Einen Unterschied gab es trotzdem: es tat noch mehr weh, da man nämlich im Gegensatz zum Match gegen St. Gallen vor einem Jahr heuer gegen Réti 3 eine Fülle von Chancen liegen liess.
Am Vorabend hatte Patrick Eschmann aus gesundheitlichen Gründen absagen müssen. Für ihn sprang kurzfristig Yongzhe ein. Etwas überraschend fand sie am siebten Brett den nominell drittstärksten Gegner vor. Sie liess sich aber davon nicht beeindrucken (auch, weil sie gar nicht um seine Elo wusste) und lieferte ihm einen grossen Kampf. Sie opferte Struktur fürs Läuferpaar und Initiative und hielt die Partie über weite Strecken in der Balance. In beidseitiger Zeitnot liess sie dann allerdings eine Figur stehen – die kam trotz heftigen Bemühungen nicht mehr zurück.
Am zweiten Brett bekam es Dani Good mit dem stärksten Gegner zu tun. Und Mateo Rodriguez Polo wurde seiner Rolle gerecht. In einer Réti-Struktur setzte er Dani von Beginn weg unter Druck. Dieser verteidigte sich gewohnt zäh, aber seine Stellung war relativ perspektivlos und irgendwann musste er sich nach einer Ungenauigkeit von einem Bauern trennen. Die damit verbundene Aktivierung der schwarzen Figuren entpuppte sich jedoch als Strohfeuer, und kurz vor der Zeitkontrolle brach die schwarze Stellung zusammen. Dieser Sieg war im Grunde genommen der einzige Start-Ziel-Sieg unserer Gegner.
Bei Frank entspann sich früh ein gewohnt zähes positionelles Ringen in einer Igel-Struktur. Der durch seine Teilnahme an der Olympiade bestens eingespielte Peter Meier hielt die weisse Stellung von Ferne unter Kontrolle, so dass der weisse Raumvorteil nicht wirklich zur Geltung kam. Bei schwindender Bedenkzeit wurden ein paar Figuren getauscht. Franks Unheil begann, als er seinen Springer über das falsche Transitfeld umparkieren wollte. Dabei standen sich seine Figuren etwas im Weg, und unvermittelt geriet auch sein König in einen Angriff.
Die eigentlichen Tragödien aus unserer Sicht ereigneten sich an den Schwarzbrettern 4 und 6. Am vierten war Patrick Kuhn gegen die Legende Carmi Haas hervorragend aus der Eröffnung gekommen. Das ist jetzt nicht etwas, das Carmi gross schockt (O-Ton nach der Begegnung: « Hast Du je eine Partie von mir gesehen, in der ich nicht mal schlecht gestanden bin?!»). Doch während es oft Carmi selbst ist, der sich mit erfindungsreichem Spiel aus der Bredouille rettet, war es hier Patrick selber, der in (fast) Gewinnstellung den Selbstzerstörungsknopf drückte. Mit sehr sehr wenig Bedenkzeit (Carmi hatte noch über eine Stunde…) griff er zur Dame, um dann entsetzt festzustellen, dass das anvisierte Feld eine Mine enthielt. Jedes andere Feld kostete aber einen Turm - und damit die Partie.
Die Uhr war auch ein wichtiger Grund für die zweite Gewinnstellung, die verloren ging. Joachim hatte in einer positionell anspruchsvollen Partie stets auf die Möglichkeit geschielt, die lange Diagonale a8-h1 zu öffnen. Als Sharif Mansoor Hand dazu bot und auf d5 nahm, liess sich Joachim nicht lange bitten, und entfernte mit einem Qualitätsopfer den Läufer auf g2, der die weissen Felder noch zusammenhielt. Jetzt hätte nur noch ein präziser Zug gefehlt, doch was wirklich fehlte, war die Zeit, um tief zu rechnen. Die Partie wäre mit einem temporären Figurenopfer glatt gewonnen gewesen, indessen liess die weniger dynamische Fortsetzung die Konsolidierung der weissen Stellung zu. Dieses Tempo erwies sich als entscheidend.
Diese Umbrüche konnten wir nicht mehr verkraften, und da waren auch die positiven Verläufe an den restlichen Brettern nicht genug. Kishan hatte spontan ein paar Bretter raufrutschen müssen, und traf auf den sehr soliden und starken Lorenz Wüthrich. Kishan gestaltete die Eröffnung sehr dynamisch, und seine Stellung versprach eine schöne Initiative. Vermutlich liess er hier oder dort ein paar konkretere Fortsetzungen aus, und so konnte Schwarz ausgleichen. Relativ bald wurde dann remis vereinbart.
Thomas Kohli hatte am letzten Brett bequem ausgeglichen und die Frage war nur, ob etwas mehr drinliegen könnte, insbesondere, als ein Springer auf f4 installiert wurde. Thomas fand nicht die kräftigste Fortsetzung und musste sich etwas zurückdrängen lassen. Aber auch er kämpfte – wie alle – verbissen und nahm einen zweiten Anlauf. Und dieser trug ihm einen Mehrbauern ein, den er ins Springerendspiel mitnehmen konnte. Dabei geriet auch noch der gegnerische Gaul in Bedrängnis – dies reichte aus.
Am ersten Brett hatten die Rétianer taktisch aufgestellt – und Anselm Schönbächler hatte sich intensiv auf Thomas Wyss vorbereitet. Thomas nahm den Fehdehandschuh auf und es entwickelte sich eine hochklassige Partie, in welcher beide Spieler über weite Strecken fehlerfreies Schach spielten. Weiss kam zwar zu einem Mehrbauern, aber bei genauem Spiel wäre das Remis der korrekte Ausgang gewesen. Der entscheidende Fehler war auf den ersten Blick nicht als solcher zu erkennen. Aber dass Schwarz es versäumte, am Damenflügel noch einen Bauern abzutauschen, hatte am Schluss gravierende Konsequenzen – ein toller Kampfsieg von Thomas.
Und so blieb wieder mal der Gang in die Pizzeria zum Wundenlecken. Etwas getröstet wurden wir durch die herausragende Leistung unserer Juniorenmannschaft, die zeitgleich zu uns ihren nominell stärkeren Gegner einfach vernaschte und in die 1. Liga aufstieg.
So bleibt als Fazit nur noch festzuhalten, dass es eine Zwillingssaison zur letzten war – einfach mit cooleren Auswärtsspielen (Engadin, Frauenfeld). Wiederum scheiterten wir an der letzten Hürde – und nun steht als Schreckgespenst eine Triplette im Raum. Und wer weiss – vielleicht geht es dann gegen unsere eigenen Junioren. Himmel hilf!
Wollishofen 2 2066 - Réti 3 2101 2.5:5.5
Thomas Wyss 2250 - Anselm Schönbächler 1973 1-0
Daniel Good 2126 - Mateo Rodriguez Polo 2215 0-1
Kishan Udipi 2019 - Lorenz Wüthrich 2166 remis
Patrick Kuhn 2043 - Carmi Haas 2125 0-1
Frank Schmidbauer 2049 - Peter Meier 2081 0-1
Joachim Kambor 2075 - Sharif Mansoor 2067 0-1
Yongzhe Thuang 1917 - Mustafa Bahutan Iliev 2133 0-1
Thomas Kohli 2052 - Christoph Schmid 2053 1-0
Thomas Held berichtet über den Spielverlauf der 7. Runde
Wollishofen II schliesst die reguläre SMM-Saison mit einem 5-3 gegen Frauenfeld ab und zementiert den ersten Platz mit 13/14 Punkten.
Relativ tiefenentspannt fuhren wir zur letzten Runde nach Frauenfeld, denn wir hatten ja den Gruppensieg schon in der Tasche. Zwar waren einige der vorderen Bretter verhindert, aber die beeindruckende Tiefe des Kaders bedeutete, dass wir auch gegen das gegen den Abstieg kämpfende Frauenfeld auf dem Papier konkurrenzfähig sein würden.
Allerdings spuckte uns die SBB in die Suppe: Kishan blieb schon auf dem Weg von zu Hause zum Treffpunkt in Zürich in einem Zug stecken. Als der wieder fuhr, hatte der Match im doch noch ein Stück weiter entfernten Frauenfeld schon begonnen. Ein Forfait an einem Weissbrett ist natürlich unschön, aber es schien die Wollishofer nur anzuspornen.
Zwar war ein weiteres Weissbrett bald einmal weg, da Thomas Held und sein Gegner Berni Seybold es vorzogen, ihr Kräftemessen im Blitzmodus durchzuführen – so wie in alten WG-Zeiten vor 30 Jahren…
Immer noch recht früh trennten sich Thomas Kohli – auch er mit Weiss – und Bruno Zülle friedlich, allerdings war da schon deutlich mehr Zunder drin. Thomas hatte seinen Gegner überspielt, und in der Schlussstellung sah der Compi Weiss mit glatten +3 vorne. Thomas hatte allerdings das Gefühl, dass ihm das Spiel etwas zu entgleiten drohte, und deshalb nahm er das Angebot an. Danach waren aber endgültig wir am Zug. Zuerst war Claude an der Reihe. Er baute sich völlig klassisch mit einer gesunden Zentralstrategie auf, kontrollierte die wichtigen Felder und überspielte seinen Gegner Zug um Zug. Kurz später zeigte Yongzhe, was sie mit und von Thomas Wyss gelernt hatte, ihr Spiel gegen den Isolani war textbuchmässig. Normalerweise verliert Weiss dann zwar nur den Bauern auf d4, bei Yongzhe’s Gegner war es gleich eine ganze Figur, aber die nimmt man auch gerne.
Am ersten Brett hatten die Frauenfelder – wie schon die meisten anderen Gegner – taktisch aufgestellt. Danis Gegner brachte eine im online-Breitenschach sehr in Mode stehende Variante auf’s Brett, und hatte auch tatsächlich wohl etwas Vorteil. Aber einen Good haut so schnell nichts um, und langsam, aber sicher bekam er guten Halt im Zentrum. Es verschwanden zwar so einige Figuren vom Brett, aber was übrig blieb, war bei den Schwarzen deutlich aktiver als beim Gegner. Ein Verrechner kostete Weiss dann eine Figur und die Partie.
Die wohl beste Partie spielte Patrick gegen den nominell stärksten Frauenfelder. In einer umgedrehten Benoni-Struktur schien es zuerst, als wenn Marcel Eberle auf dem Damenflügel durchbrechen könnte. Aber der in solchen Fällen typische Durchbruch auf der e-Linie brachte auch hier den Erfolg, in zuletzt hoffnungsloser Stellung überschritt Weiss die Zeit. Dies besiegelte unseren Sieg, und gleichzeitig auch den Abstieg der Frauenfelder.
Damit war die letzte Partie nur noch Makulatur. Hier hatte es Joachim mit dem in der SMM in dieser Saison sehr stark aufspielenden Peter Plüss zu tun. Joachim kam nicht recht aus der Eröffnung heraus, und stand eigentlich die ganze Partie unter Druck. Plüss hätte es hier und dort noch etwas dynamischer spielen können, aber er hatte die Stellung stets unter Kontrolle. Joachim musste einen Bauern geben und suchte sein Heil in einem Turmendspiel – eine eigentlich logische Strategie. Leider war der Mehrbauer nicht der einzige Trumpf in der weissen Stellung und so musste Joachim einen Bauern entwischen lassen.
Nichtsdestotrotz war es unter nicht idealen Umständen einen gute Mannschaftsleistung und ein würdiger Abschluss dieser Saison.
Abschluss?! Nicht ganz! Da gibt es ja noch das Aufstiegsspiel am 19. Oktober! Gegner wird Réti 3 sein, das Brugg auf der Zielgeraden noch abgefangen hat. Man lasse sich nicht von der Nummerierung täuschen, Réti 3 ist um einiges stärker als das auch in der 1. Liga spielende Réti 2. Es wird ein heisser Kampf!
Thomas Held berichtet über den Spielverlauf der 6. Runde
Wollishofen 2 gewinnt gegen Gligoric 1 6:2 und sichert sich damit den Gruppensieg!
Die Partie gegen Gligoric ging schon in der Vornacht los – als uns der Hilferuf von Jürgen Fend aus der ersten Mannschaft erreichte. Aufgrund einer kurzfristigen Absage musste Frank im 1 einspringen- was er mit Erfolg tat. Dadurch fehle uns ein Spieler, aber mitten in der Nacht erreichte mich die Zusage von Janne – wir würden also doch in Vollbesetzung antreten.
Unser Gegner – immerhin NLB-Absteiger und eine sehr erfahrende Truppe- kam nicht ganz in Vollbesetzung. Insbesondere fehlte GM Pikula, stattdessen stellten sie wie schon einige andere Gegner taktisch auf, sodass Thomas Wyss einen deutlich tiefer eingestuften Gegner vorfand als antizipiert. Wie so oft ist Schach unberechenbar – es sollte die längste Partie bleiben. Allerdings war es näher an einem Start-Ziel-Sieg als an einem Auf- und ab. Thomas gewann in der Eröffnung einen Bauern, der es trotz zäher Verteidigung ins Endspiel schaffte. Dort sah es für einen Augenblick so aus, als könnte Schwarz mit seinem Freibauern Gegenspiel erreichen, aber Weiss konnte nicht nur auf den Bauern, sondern auch auf den Vorteil Läufer gegen Springer pochen. Auf der Suche nach Gegenspiel wandelte der schwarze König dann in ein hübsches, minimalistisches Mattnetz.
Tinu am zweiten Brett kam mit Schwarz schön aus der Eröffnung und verhinderte weisses Gegenspiel. Sein Gegner konnte diese Prophylaxe nicht genügend würdigen und wählte eine Fortsetzung, die eben Material kostete. Allerdings gab es für die Figur zwei Bauern und ein paar weitere waren etwas locker. Aber Tinu hielt mit präzisem Spiel den Laden zusammen und Zug für Zug verpuffte die weisse Kompensation.
Am dritten Brett schien Patrick immer einen leichten Vorteil zu verwalten, aber Schwarz fand stets ein paar Nadelstiche, um sich über Wasser zu halten. Am Schluss blieben nicht mehr genügend Ressourcen und er musste ins Remis einwilligen.
Am 4. Brett musste Kishan gegen seinen erfahreneren Gegner in der Eröffnung untendurch. Seine Entlastungskombination ging etwas nach hinten los und Weiss stand klar im Vorteil, wenn nicht glatt auf Gewinn, als er plötzlich Remis anbot. Kishan lehnte – etwas überraschend ab – und kämpfte sich zurück und hatte Aussichten auf ein bequemes Endspiel – als er selber etwas überraschend remis anbot.
Am fünften Brett wählte ich mit Weiss eine Variante, die ich am Morgen noch angeschaut hatte. Auf den ersten etwas ungewöhnlichen Zug reagierte ich nicht ganz optimal, aber nach einer schwarzen Ungenauigkeit resultierte plötzlich ein sehr bequemer Vorteil im Mittelspiel. Ich tauschte dann ein paar Figuren ab, aber durchaus mit Billigung des Computers. Allerdings wurde der Weg zum Sieg dann immer schmaler, und als ich bei schwindender Bedenkzeit an einer Stelle den stärksten Zug nicht fand, verblieb zu wenig Material. Vielleicht hätte man das Endspielt mit ein bisschen mehr Härte noch weiterspielen können, aber der Spielstand vertrug das Remis gut.
Denn unter anderem hatte sich die Situation bei Patrick Kuhn am Nachbarsbrett wieder beruhigt – wenn auch nur scheinbar. Sein Gegner hatte ihn ganz klassisch angegriffen, den Verteidigungsläufer abgetauscht und die Schwerfiguren auf der h-Linie in Stellung gebraucht. Doch ein Selbsthilfegrüpplein bestehend aus einem einzigen Bauern auf g6 sowie dem König hielt die Stellung gerade noch zusammen. Die erste Angriffswelle verpuffte, und Schwarz konnte später sogar noch auf etwas mehr hoffen. In der Analyse stellte sich allerdings heraus, dass Weiss doch noch ein paar gefährliche Ressourcen gehabt hätte. Patricks Remis komplettierte somit die vier Unentschieden an den mittleren Brettern.
Am 6. Brett setzte Mihailo Gordic gegen Joachim voll auf Raumgewinn. Joachim opferte einen Bauern, der die schwarze Stellung etwas einfror. Ein zähes Ringen folgte daraus, in welchem Joachim Schritt für Schritt seine Stellung verbessern konnte. Bei knapper Bedenkzeit stellte sein Gegner dann eine Figur ein.
Unser Mitternachts-Ersatzmann Janne konnte mit Schwarz in einer Italienisch-Struktur schnell ausgleichen und setzte voll darauf, die weisse Expansion in der Brettmitte zu verhindern – andere Pläne wären indessen auch vielversprechend gewesen. Die Öffnung der a-Linie war durchaus etwas zweischneidig, aber er konnte sich einen Freibauern ergattern, der das weisse Spiel paralysierte. Ein am Schluss doch souveräner Sieg war die Folge.
Mit dieser gesamthaft überzeugenden Leistung haben wir nicht nur das Aufstiegsspiel erreicht – sondern auch gleich als Gruppensieger das Heimrecht gesichert.
Thomas Held berichtet über den Spielverlauf der 5. Runde
Manch eine Mannschaft mag etwas pikiert auf den Spielplan schauen, nachdem sie das Auswärtsspiel gegen Engadin entdeckt hat, lange Reise und so. Nicht so Wollishofen 2. Unsere Mannschaft ist gespickt mit echten Engadin-Liebhabern, und so war der Termin Mitte Juni schon lange rot umrandet in den Kalendern angestrichen. Schon früh war klar, dass es um weit mehr als nur um Schach gehen würde, ein Wochenende in einer der schönsten Gegenden der Schweiz lockte. Dies war wohl auch ein mitentscheidender Faktor für einen der leider eher selten gewordenen Auftritte gewisser Wollishofer Grössen.
Dani Good und Thomas Held waren bereits am Freitag-Abend angereist und verbrachten einen gemütlichen Abend bei Pizza und Fussball. Tom Kohli schaffte es nur bis Bergün - dass er dies von Chur aus mit dem Velo tat, sind mildernde Umstände. Er erreichte den Spielort dann via den Albula-Pass. Tinu, der das Engadin sozusagen seine zweite Heimat nennt, wanderte von Spinas aus nach Samedan, der Rest nahm den Zug, wobei es wegen der wetterbedingten Sperrung in Zernez noch etwas Aufregung gab.
Die sympathischen Engadiner erwiesen sich als perfekte Gastgeber- danke für Kuchen und Nusstorte! Als Gastgeschenk liessen wir ein paar Elo im Tal.
Engadin war etwas ersatzgeschwächt, was sie zu einer taktischen Aufstellung greifen liess. Unsere Elo-Vorteile an den ersten Brettern waren enorm, ihre starken Leute hatten sie an den hinteren Brettern platziert. Uns war natürlich auch nicht entgangen, dass die Engadiner gemessen an ihrer Spielstärke viel zu wenig Führungspunkte haben, unterschätzt haben wir sie sicher nicht.
Am ersten Brett passierte das, was bei einer Differenz von 650 Punkten halt manchmal auch passiert: der Aussenseiter überlebte die Eröffnung nicht, und Thomas Wyss kam zu einem schnellen Sieg.
Als Mannschaftsleiter sorgt man sich immer ein bisschen zu sehr, und ich sah schon ein Szenario, in welchem wir vorne alles abräumen und hinten alles verlieren. Lösung: schnelles Remis an einem der hinteren Bretter. Die Logik war nicht von der Hand zu weisen, allerdings lief dann der Match ganz anders…Die Stellung wäre recht interessant gewesen, die Analyse dauerte denn auch deutlich länger als die Partie.
Am 8. Brett war es Kishan, der zwar zuerst positionell nicht ganz überzeugend aus der Eröffnung kam, dann aber mit einem taktischen Trick einen wichtigen Bauern erobern konnte. Engadin-Legende Andri Arquint kämpfte zwar verbissen ums Gegenspiel, aber Kishan behielt in den Verwicklungen die Übersicht und holte den zweiten vollen Zähler.
Claude hatte gegen den sehr erfahrenen Ch. Moggi an einem Punkt die Gelegenheit, einen vielversprechenden Angriff zu starten. Die korrekte Abwicklung war aber nicht leicht zu finden, und so landeten die beiden in einer Stellung, in welcher Moggi mit Schwarz mit dem besseren Springer gegen Claudes Läufer drücken konnte. Dank genauer Verteidigung konnte Claude die Stellung aber halten.
Die gehaltvollste Partie spielte wohl Thomas Kohli am 7. Brett. Sie beschäftigte uns auch noch am Abend und sogar auf der Rückreise. Es hätte eine Glanzpartie werden können. In einer relativ geschlossenen Struktur hatte Thomas seinen Gegner mit Schwarz Zug um Zug überspielt. Eine erste Gewinnchance hatte er ausgelassen, sie war aber auch sehr schwer zu finden - Silikon-Material. Die zweite Chance ergriff er. Die Stellung blieb komplex, aber der Vorteil war überwältigend. Der Freibauer auf c3, unterstützt vom Monster auf g7 war der Sargnagel in der weissen Stellung. Da es auch Thomas selber nicht erklären konnte, wird Lh6?? mit Preisgabe des schwarzen -Stolzes wohl immer ein Mysterium bleiben. Das Remis war die schnelle Folge. Somit waren die hinteren Bretter 2.5:1.5 gewonnen, Weg frei für einen Kantersieg, oder? Nicht ganz…
Die Engadiner an den Bretter 2-4 müssen irgendein geheimnisvolles lokales Stimulanz zu sich genommen haben, denn sie wuchsen alle über sich hinaus. Obwohl sie allesamt Hunderte Elo-Punkte weniger aufwiesen, leisten sie erbittert und erfolgreich Widerstand.
Tinu am vierten Brett konnte nicht ganz kaschieren, dass er in der letzten Zeit nicht besonders viele Langpartien absolviert hat. Er gewann zwar in der Eröffnung einen Bauern, der war aber eher im Gambit-Stil offeriert worden. Früh bot sich Schwarz eine gute Gelegenheit, Weiss in Bedrängnis zu bringen, sie verstrich ungenutzt. Als Tinus Gegner dann eine Figur einstellte, schien die Sache gelaufen. Doch mit einer Serie genauer Züge entfaltete Schwarz plötzlich viel Aktivität mit den Türmen, die beiden weissen Gäule standen relativ stupide in der Gegend rum. Tinu musste viel Zeit investieren, um den Gewinnweg zu finden. Es stellte sich nachher heraus, dass es diesen gar nicht gab. Doch als Schwarz zwei Gelegenheiten zum Remis ausliess, landeten die beiden in einem Endspiel Dame plus Bauern gegen Turm plus Bauern. Auch dieses war nicht einfach zu gewinnen, aber Tinu schaffte den Übergang in ein gewonnenes Bauernendspiel.
Dani hatte am zweiten Brett mit Weiss die Eröffnung sehr vielversprechend gestaltet, schon bald nannte er einen netten Mehrbauern sein Eigen. Nach einer kleinen Ungenauigkeit konnte sein Gegner plötzlich lästigen Druck auf den weissen Damenflügel ausüben. Der erwies sich als so stark, dass der Mehrbauer schliesslich weg war - um nur ein paar Züge später dank eines taktischen Tricks wieder im Körbchen zu landen. Nun ging das Spiel von vorne los: Dani pochte auf den Mehrbauern, Schwarz war weiterhin lästig. Er erspähte eine Abwicklung, die den mühasmen Druck der weissen Dame dank Abtrausch abschüttelte. Der Mehrbauer schaffte es bis ins Endspiel, doch die Stellung war eine Festung. Bei fast leerem Brett hatte der schwarze Springern 7 Felder zum Hüpfen, Weiss konnte immer nur maximal 6 abdecken -remis.
Wenn Frank Schwarz spielt, geht es meist gemächlich zur Sache, so auch heute. Erst wird mal ausgeglichen, dann Schritt für Schritt nach vorne gegangen, und dann ist das Endspiel meistens ok. Der Plan funktionierte, Frank konnte mit dem Läuferpaar den Raum und ein paar Bauernschwächen massieren. Der entscheidende Punkt kam, als sich Frank zwischen einem Endspiel mit zwei Mehrbauern, aber ungleichfarbigen Läufern, und dem Abtausch der Läufer bei gleichzeitiger fast totaler Dominanz entscheiden musste. Er wählte die Dominanz, die allerdings leider nicht so total wie erhofft war. Sein äusserst zäher Gegner fand den schmalen Pfad zum Ausgleich.
Somit hatten wir «nur» 5.5:2.5 gewonnen, was der guten Laune aber keinen Abbruch tat. Wir liessen es uns bei einem feinen Abendessen gut gehen und analysierten die Geschehnisse bis fast n die Nacht hinein. Dass SwissMeteo die Wetterprognose fürs Engadin am Sonntag mal wieder verhauen hatte, ermöglichte uns dann noch eine gemütliche Wanderung durch die Ebene und den Stazerwald.
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass Engadin und wir nächste Saison nicht wieder in der gleichen Gruppe sind (und wir dann eh ein Heimspiel hätten) gross ist, hoffen wir sehr, dass wir wieder einmal nach Samedan rfeisen dürfen!
Thomas Held berichtet über den Spielverlauf der 4. Runde
Die Geschichte dieser Runde ist schnell erzählt. Da Sprengschach Will nur zu sechst und zudem arg ersatzgeschwächt kam, war die Affiche bereits nach kürzester Zeit entschieden. Patrick Kuhn und Thomas Kohli konnten sich nach den Forfaits bald ihren Alternativprogrammen widmen. Frank und Patrick Eschmann hatte keine Mühe mit ihren durchaus motivierten, aber doch eben auch noch deutlich schwächeren jungen Gegnern und gewannen aus der Eröffnung bzw. dem frühen Mittelspiel heraus. Die Gegner kamen dann aber doch in den Genuss einer ausführlichen Trainingsstunde mit Patrick – wenn sie uns dann das nächste Mal Schwierigkeiten machen, wissen wir, wem wir das zu verdanken haben!
Die beiden auf dem Papier engsten Paarungen endeten schnell remis. Während der Schreibende und sein verspäteter Gegner angesichts des sich abzeichnenden Kantersiegs nie wirklich Lust zum Spielen bekamen und schon in der Eröffnung Frieden schlossen, war die Partie bei Thomas Wyss und Lukas Meier superscharf. Thomas nahm ohne spezielles Wissen das offerierte Gambit an und realisierte dann aber schnell, dass die Kompensation spürbar war. Die Stellung hätte extreme Präzision verlangt – oder eben die entsprechende Kenntnis – und beides war nicht ganz gegeben. So geriet Thomas schnell in eine objektiv schlechtere Stellung, die allerdings auch recht kompliziert war. Und so probierte er seinen ersten Rettungsschirm aus: Das Remisangebot, welches er später nach der Annahme durch seinen Gegner als seinen stärksten Zug der Partie bezeichnete.
In echte Schwierigkeiten geriet an diesem Nachmittag lediglich Georg, dessen junger Gegner ihn in der Eröffnung erwischte. Nach etwa 10 Zügen sah die weisse Stellung schon nicht mehr so hübsch aus, und so probierte Georg ebenfalls den Remisangebots-Rettungsschirm. Doch dieser versagte – sein Gegner lehnte völlig zurecht ab. In solchen Situationen hilft dann manchmal Plan B (oder C, oder D?) – Komplikationen. Georg warf beide seine Springer in die Glut, und entfachte dabei ein Feuer, dessen Hitze der gegnerische König zu spüren bekam. Ganz korrekt war das wohl alles nicht, aber genau das richtige Rezept, um seinen Gegner zu verwirren. Das Remisangebot kam zurück- und wurde nun von Georg abgelehnt, da er in der Zwischenzeit ohnehin schon ein Dauerschach in petto hatte. Der Druck erwies sich als so stark, dass Schwarz wenig später kollabierte.
Joachim muss sich am 5. Brett lange etwas einsam vorgekommen sein, war er doch bereits nach weniger als zwei Stunden der letzte, der noch spielte. Er zeigte seinem ebenfalls jungen Gegner auf, wie man Königsindisch mit Weiss spielt. Nachdem er den gegnerischen weissfeldrigen Läufer zum Abtausch gezwungen hatte, war der schwarze Angriff reine Illusion und Joachim konnte sich ganz klassisch dem Damenflügel widmen. Diese Art von Angriff verläuft meistens nicht ganz so schnell und volatil wie der schwarze Königsangriff, bringt aber mit viel Geduld das gleiche Resultat. Nach längerer Zeit war dann der Widerstand gebrochen und das hohe Resultat Tatsache.
Damit sind wir natürlich weiterhin Leader und reisen mit einem Punkt Vorsprung ins schöne Engadin. Ein Blick auf die Zentralgruppe, die den Gegner im allfälligen Aufstiegsspiel stellen würde, zeigt, dass es wohl eine sehr gute Idee wäre, unsere Gruppe zu gewinnen. Also dürfen wir auch weiterhin nicht nachlassen!
Thomas Held berichtet über den Spielverlauf der 3. Runde
Wollishofen 2 trennt sich im Spitzenkampf gegen Winterthur 3 4-4 Unentschieden.
Im ersten Auswärtsspiel dieser Saison trafen wir auf einen Gegner, der auf dem Papier fast gleichstark war. Bei den Gastgebern fehlten ein paar talentierte Junioren, aber der Club ist dermassen breit aufgestellt, dass sie diese Lücken problemlos schliessen konnten.
Im Fussball würde man das Spielgeschehen unter dem Motto «es war ein Spiel zweier Halbzeiten» zusammenfassen. Zur «Pause» lag Wollishofen 1-4 zurück, in der zweiten Hälfte startete dann die Aufholjagd.
Dabei waren nach dem Anpfiff die Spielanteile nicht so klar verteilt. Zwar fand sich Janne nach einer eher etwas unglücklichen Eröffnung recht schnell in der strategischen Defensive. Seine Gegnerin konnte den Druck auf den schwarzen Damenflügel in aller Ruhe zum entscheidenden Vorteil verdichten. Auch Kishan kam nichts so ganz prächtig aus den Blöcken, sein Gegner besetzte die einzige offene Linie. Obwohl die Stellung längere Zeit noch (knapp) spielbar erschien, kam dann der Zusammenbruch relativ schnell. Immerhin hatten wir an den Brettern 2-4 sowie 8 einige vielversprechende Stellungen. Eine davon war Patricks Weisspartie gegen Mirko Ballmer. Patrick opferte einen Bauern für vielversprechende positionelle Kompensation, die Initiative schien mit jedem Zug anzuschwellen. Dies spürte auch sein Gegner, der mit einem Remisangebot den Trend zu brechen versuchte. Angesichts des sich abzeichnenden Rückstands musste Patrick ablehnen, obwohl die Stellung dann schon nicht mehr so ganz einfach zu behandeln war. Wie so oft in solchen Situationen kippte die Stellung dann zugunsten des Spielers, der das Remis angeboten hatte. Nach einem Überseher wurden aus dem schwarzen Mehrbauern plötzlich deren zwei, und dann ging auch noch die Stellung positionell flöten. Kurz zuvor hatte sich Thomas Kohli mit einiger Mühe gegen seinen jungen, sehr talentierten Junior in ein Remis retten können. Maximilian Pfaltz wird sicher noch deutlich stärker als er es jetzt schon ist, aber wie er mit Schwarz die aus der Moskauer Variante entstandene Stellung behandelte und mustergültig das Läuferpaar zum Spielen brachte, war schon beeindruckend. Aber Thomas kämpfte gegen die schwarze Initiative und konnte in ein ausgeglichenes Endspiel abwickeln.
Thomas Wyss (und auch der Rest der Mannschaft) hegte immer gewisse Hoffnungen für das erste Brett. Thomas sicherte sich das Läuferpaar und begann, auf gewisse Schwächen in der weissen Bauernstruktur am Damenflügel zu pochen. Allerdings waren die weissen Springer so aktiv, und verfügten über so gute Stützpunkte, dass der Vorteil nie eine gewisse Grösse überschritt. Die eingehende, computergestützte Analyse offenbarte, dass der Schlüssel vielleicht sogar eher am Königsflügel zu finden gewesen wäre, und dass Weiss bei genauem Spiel sogar spürbaren Vorteil hätte erzielen können. Nachdem Thomas noch eine Chance zu einem Bauerngewinn übersehen hatte, mündete die Partie in eine Zugswiederholung.
Alle diese Partien endeten kurz hintereinander, der Mannschaftsleiter kam kaum mit dem Notieren nach, und was er aufzuschreiben hatte, missfiel ihm deutlich. Immerhin konnte er sich schon des längeren an seiner eigenen Stellung gegen seinen Winterthurer Amtskollegen erfreuen. Roman Freuler hatte die Eröffnung ziemlich in den Sand gesetzt und musste bereits nach 15 Zügen die unangenehme Wahl zwischen dem Verlust einer Qualität für äusserst schwammige Kompensation oder eines Bauern mit gleichzeitig sehr trostlosem Endspiel treffen. Und dies in einer Variante, in welcher normalerweise zuerst einmal beide Seiten ca. 60 Züge die Figuren auf dem Brett herumschieben, bevor was passiert. Freuler wählte das Bauernopfer, aber die Trennung kam erst nach ca. 40 Minuten zustande. Obwohl Schwarz die nächste Partiephase nicht ganz mustergültig behandelte, war der Vorteil stets gross, und die weisse Zeitnot führte dann zu weiterem Materialverlust.
Am zweiten Brett hatte Frank sich einen Bauern seines Gegners einverleibt, der sich davon Gegenspiel versprach. Lange verteidigte sich Frank geschickt, aber nach einer Ungenauigkeit erhielt Michael Jähn die erhoffte Kompensation. In den folgenden Verwicklungen lief er dann aber in eine sehr unangenehme Fesslung, aus welcher er sich nur auf Kosten seiner Dame für Turm und Läufer lösen konnte. Da die Figuren aber nicht genügend kooperierten, waren sie der weissen Lady hoffnungslos unterlegen.
Damit waren wir wieder in Schlagdistanz und die Aufgabe, das Unentschieden zu sichern, fiel Claude Douguet gegen den nominell schwächsten Gegner zu. Claude hatte die ganze Partie über die Initiative gepaart mit Raum- und Entwicklungsvorteil. Allerdings wurden mit der Zeit doch so einige Figuren getauscht, und es gab gewisse Befürchtungen, dass sich Schwarz langsam würde lösen können. Weiss konnte einen Bauern erobern, wenngleich auch nicht gerade den hübschesten. Die Sorgen erwiesen sich dann aber doch als unbegründet und Claude konnte das Endspiel souverän nach Hause bringen.
Dieser hart erkämpfte Punkt sichert uns die Tabellenspitze, da Gligoric überraschend gegen Réti verlor. In der nächsten Runde Ende Mai kommt es zu einem weiteren Spitzenkampf, dann empfangen wir die starken Wiler.
Thomas Held berichtet über den Spielverlauf der 2. Runde
Wollishofen 2 gewinnt gegen Réti 2 5-3 und setzt sich zusammen mit Sprengschach Will an die Tabellenspitze.
Die Rétianer haben zwei Mannschaften in der 1. Liga und haben sich dafür entscheiden, beide relativ ausgeglichen zu besetzen. So trafen wir auf einen kompakten Gegner, der aber doch an jeden Brett Elo-mässig etwas schwächer besetzt war. Der Wettkampf verlief dann zuerst auch recht vielversprechend. In Richtung Zeitkontrolle drohte die Affiche dann kurz zu kippen, da vor allem die hinteren Bretter etwas wackelten. Dass Yongzhe dann aus einer optisch etwas unschönen Stellung einen ganzen Punkt holte, war Gold wert.
Réti hatte leicht taktisch aufgestellt, und so waren wir an den ersten drei Brettern klar favorisiert. Patrick und Thomas Wyss lieferten denn auch souverän ihre Siege ab. Patrick liess zwar in der Eröffnung einiges zu, behielte dann aber den besseren Überblick und fand sich in einem bequemen Endspiel wieder. Der Sieg wäre wohl auch ohne den Einsteller seines Gegners nur eine Frage der Zeit gewesen.
Thomas Wyss fand sich in einer typischen London-Struktur wieder. Ohne Furcht opferte er eine Figur für einen zukünftigen Freibauern. Da Weiss ungefähr 1.5 Reihen zum Manövrieren zur Verfügung stand, konnte Thomas in aller Ruhe die Stellung verstärken, bis der entscheidende Durchbruch kam.
Frank kam mit Weiss wie eigentlich fast immer mit sehr schönem Druckspiel gegen die bekannten hängenden Bauern aus der Eröffnung. Danach verpasste er aber eine vielversprechende Transformation des Vorteils und liess zu, dass seine Gegnerin sich neu sortieren und dynamisches Gegenspiel aufziehen konnte. Frank liess Selbigen dann mit einer Abwicklung die Luft raus, allerdings auf Kosten eines Minusbauern im Turmendspiel, was dann aber trivial remis war.
Auf dem Papier ausgeglichen war die Partie am 4. Brett, wo der Schreibende auf Martin Herfurth traf. Die Partie verlief lange Zeit in theoretischen Bahnen, ganz am Schluss verwechselte ich jedoch zwei Abspiele, wobei die Partie hier noch im Gleichgewicht war. Ein deutlicher gravierender Schnitzer unterlief mir dann aber kurz später, und Weiss hätte spürbaren Vorteil erzielen können. Irgendetwas schien ihn aber abzuschrecken, und so verstrich die Chance ungenutzt. Danach wurde die fünfte Reihe zum entscheidenden Schauplatz: Mit a5! Und Txh5! folgten an beiden Rändern auf der 5. Reihe starke Züge, und danach war die Stellung für Schwarz nicht mehr zu halten. Hübsches Detail: Auf e5 und a5 wurden später noch zwei weitere Bauern geschlagen und bis zum Partieende ca. 25 Züge später befand sich stets ein schwarzer Turm auf der 5. Reihe.
Dass die gleiche Eröffnung - die als etwas «langweilig» geltende Französisch-Abtauschvariante - zu völlig unterschiedlichen Stellungsbildern führen kann, bewiesen Yongzhe und Janne am den Brettern 5 und 7. Yongzhe spielt es eher klassisch. Sie erwarb sich Raumvorteil auf dem Damenflügel um den Preis eines gewissen Gegenspiels auf dem Königsflügel. Die schwarze Initiative sah etwas bedrohlich aus, und führte auch tatsächlich zum völligen Ruin der schwarzen Bauernstruktur rund um ihren König, Allerdings waren damit auch die direkten Drohungen weg, und nun war Yongzhe am Damenflügel am Zug. Der Raumvorteil in Verbindung mit einem Bauernhebel und einem sehr aktiven Turm führte auf diesem Teil des Bretts schnell zum schwarzen Kollaps. Dieser Sieg war wie erwähnt enorm wichtig, gerade auch, weil es Janne in der gleichen Eröffnung schlechter erging. Hier kam es nach der gegenseitigen Rochade wie üblich zum wilden gegenseitigen Sturm auf den König. Aus welchen Gründen auch immer hatte hier Schwarz bedeutend schneller seine Figuren und Bauern in Stellung gebracht, und das ist in solchen Fällen oft entscheidend.
Vielleicht hatten Wollishofen und Réti prominente Zuschauer? Wie ist es sonst zu erklären, dass nur Stunden später am Kandidatenturnier Jan Nepomniachtschi gegen Nijat Abasov auch zur Abtauschvariante griff?
Leider konnte Joachim an diesem Samstag sein kleines Formtief nicht überwinden. In einer strategisch und taktisch anspruchsvollen Variante hatte er zwischenzeitlich zwei Bauern mehr, litt aber an enormem Raummangel. Peter Meier hielt den Druck beständig hoch, und die schwarze Stellung war dann an einem Punkt einfach überfordert.
Am letzten Brett hatte Thomas Kohli mit Schwarz aus der Eröffnung immer leichten optischen Vorteil. Dieser schein sich zu verdichten, aber an einem Punkt drohte der inzwischen in die weisse Stellung vorgedrungene Bauer, der als Keil diente, umzingelt und eliminiert zu werden. Thomas war darum nicht unglücklich über die Remisbereitschaft seines Gegners.
Alles in allem war es aber doch ein verdienter und mit wesentlich weniger Nervenaufwand zustande gekommener Sieg als der letzte.
Nun geht es bereits in zwei Wochen gegen die starke und junge Mannschaft von Winterthur 3.
Thomas Held berichtet über den Spielverlauf der 1. Runde
Mit grossem Kampfgeist und am Schluss auch reichlich Glück ist Wollishofen 2 der Start in die neue SMM-Saison zumindest resultatmässig geglückt.
Auf dem Papier sah es nach einer klaren Sache aus, von den teils sehr erheblichen Elo-Vorteilen war dann aber im Spielverlauf wenig zu sehen. Thomas Wyss' talentierter junger Gegner übersah schon früh einen recht standardmässigen Trick, der ihn zwei Bauern kostete. In der Folge liess Thomas aber wieder etwas Luft rein und musste schauen, dass das Gegenspiel nicht zu viel Fahrt aufnehmen würde. Im grossen und ganzen navigierte er die Komplikationen aber gut und am Schluss schaute ein recht souveräner Sieg heraus. Dies sollte aber für sehr lange Zeit die letzte Erfolgsmeldung sein.
Patrick kam mit Schwarz sehr bequem zu einem Mehrbauern, der allerdings nur halbwegs gesund war, da er dafür in der Entwicklung etwas zurückgeblieben war. Um sich daraus zu befreien, musste er alle Figuren bis auf die ungleichfarbigen Läufer abtauschen, und diese Endspiele sind halt eben doch oft remislastig.
Frank heissgeliebter weissfeldriger Fianchetto-Läufer wurde von Manfred Gosch zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgetauscht. Daraus resultierte eine schwarze Offside-Dame auf h3, die aber doch so sehr störte, dass Weiss Mühe hatte, seinen König zu sichern. Um nicht in Gefahr zu geraten, führte Frank eine dreifache Stellungswiederholung herbei.
Joachim bekam es mit Pascal Schellenberg zu tun, dem jüngeren Bruder von Simon, Thomas Wyss’ Gegner. Dabei erwischte unser Mr. Zuverlässig einen gebrauchten Tag. Die Hoffnung auf weisse Zentrumskontrolle war zwar berechtigt, aber nach einem kleinen Trick musste auch Joachim sich von seinem Läufer auf g2 verabschieden. Die weissfeldrigen Schwächen und der verbliebene relativ schwache Läufer auf b2 erwiesen sich als zu grosse Hypothek, und so musste er sich seinem jungen Gegner geschlagen geben. Allerdings darf man vermuten, dass die Gebrüder Schellenberg in der Zukunft noch weitere Opfer fordern werden.
Am 6. Brett hatte sich Andreas Scheidegger intensiv auf Joachim vorbereitet, nachdem dieser ihn offenbar dreimal in der gleichen Eröffnung geschlagen hatte. Pech für ihn, dass Joachim an einem anderen Brett sass. Pech für den Schreibenden, dass er die gleiche Eröffnung wie Joachim spielt… Glück wiederum für mich, dass die vorbereitete Variante nicht zu den allergefährlichsten zählt. Nachdem mein Gegner zu wenig energisch auf die Ausnützung des eroberten Läuferpaars und meiner Schwächen am Königsflügel gepocht hatte, tauschte er noch die Damen und fand sich plötzlich in einem sehr unbequemen Mittelspiel wieder. In der Analyse fanden wir unzählige gefährliche Gewinnversuche für Schwarz, aber am Brett liess ich den Vorteil verpuffen. Nach einem taktischen Überseher ging ein Bauer flöten, und so musste ich dann die grössere Aktivität in eine Zugswiederholung eintauschen.
Somit war der Match zur Zeitkontrolle ausgeglichen. An zwei der drei verbleibenden Bretter hatten die Wollishofer leichte materielle Vorteile. Fabian hatte die ganze Partie eine hartnäckige Initiative und gewann eine Qualität für einen Bauern. Aber da die verbleibenden Bauern alle auf einer Seite waren, konnte sein Gegner mit seinem Springer und Turm eine Festung aufbauen, die sich zumindest am Brett als uneinnehmbar erwies.
Claude hatte aus der Eröffnung heraus eine leicht passive Stellung sauber verteidigt, und konnte sogar beim Übergang ins Endspiel einen Bauern erobern. Er musste allerdings zulassen, dass alle Figuren bis auf je einen Turm abgetauscht wurden, und die Bauern befanden sich alle auf einem Flügel. Claude versuchte alles, aber der sehr erfahrene Horst Zesiger verteidigte sich lehrbuchmässig, die Stellung war schlicht remis.
Zum Glück für uns haben auch wir einen starken Junior, und dazu noch einen echten Kämpfer! In einer sehr komplexen Nimzo-Struktur setzte Kishan mit Weiss seinen Gegner unter Druck, ohne aber scheinbar je klar in Vorteil zu kommen. Reinhard Wegelin verteidigte sich geschickt, und obwohl Kishan die Bauernsituation am Damenflügel so auflösen konnte, dass daraus ein schon recht fortgeschrittener Freibauer entstand, blieb die Stellung sehr kompliziert. Die Zuschauer machten sich zunehmend grosse Sorgen um Kishan, denn Schwarz rollte mit Springer, Turm, König und Bauer auf den einigermassen nackten, auf der Grundlinie gestrandeten weissen König zu. Das Silikon wird uns mitteilen, ob es einen klaren Gewinn gegeben hat oder nicht. Die Umstehenden hatten stets das Gefühl, dass sich Weiss irgendwie ins Remis retten können würde, aber den Mannschaftssieg hatten wir schon abgeschrieben. Wegelin hätte es sich einfach machen können, das Remis war jederzeit zu haben, aber es kam, wie es immer wieder mal kommt. In seinem konsequenten Bestreben, seiner Mannschaft den Sieg zu sichern, liess er den König entschlüpfen, und plötzlich spielte der Freibauer auf der c-Linie doch noch die entscheidende Rolle!
Mit dieser dramatischen Wendung ganz zum Schluss haben wir mit einem Sieg die Saison eröffnet, gut für die Nerven war’s aber nicht!